Ein Anfang - immerhin Drucken

Zum Safer Internet Day am 10.02.2015 hat es an 20 Orten in Deutschland Veranstaltungen unter dem Motto "Lesen gegen Überwachung" gegeben. Die organisatorische Klammer wurde von Bündnis gegen Überwachung bereitgestellt. Ist dies ein erster - kleiner - Schritt hin zu einer digitalen Bürgerrechtsbewegung?

Begonnen haben die Aktionen mit einem Testlauf im vergangenen Jahr. Am 08. September 2014 hatte eine weltweite Lesung für Edward Snowden stattgefunden - organisiert vom Internationalen Literaturfestival Berlin. Diese Idee wurde zu Jahresbeginn weiterentwickelt und im Rahmen des Bündnis gegen Überwachung bundesweit vorbereitet. Das Ergebnis: 20 Lesungen in 17 Orten, organisiert im virtuellen Raum 'Internet' und zusammengehalten von dem Willen der beteiligten Menschen, sich dem Überwachungsstaat entgegen zu stellen.

Dabei haben Vorbereitung und Durchführung im wesentlichen zwei Dinge gezeigt: Zum einen ist es möglich, vernetzt und verteilt lokale Aktionen zu organisieren, die von der Öffentlichkeit als gemeinsame Handlung wahrgenommen werden. Zum anderen ist auch deutlich zu Tage gefördert worden, wo die digitale Bürgerrechtsbewegung vor Ort quasi nicht mehr existiert.

Die positive Wahrnehmung von Gemeinschaft ist dabei ein wesentlicher Aspekt. Denn eine Bürgerbewegung saugt ihre Kraft gerade aus den gemeinsamen Erlebnissen und gemeinschaftlich erreichten Zielen. Und die Organisation dieser Veranstaltungsreihe war für alle Beteiligten eine große Herausforderung mit erfolgreichem Ausgang. Strukturelle Grundlagen, die im Bündnis gegen Überwachung in den letzten Monaten gelegt worden sind, haben der Belastungsprobe im wesentlichen Stand gehalten. Die dabei erreichte Arbeitsbasis ist ein Pfund, mit dem man nun wuchern kann.

Womit der zweite Punkt nun näher unter die Lupe genommen werden muss. Trotz der vielen Menschen, die gestern erreicht worden sind, hat die digitale Bürgerrechtsbewegung immer noch zu wenig Beine am Boden. Mit dem Rückenwind des gestrigen Tages muss nun versucht werden, die weißen Stellen der Widerstands-Landkarte mit buntem Leben zu füllen. Die Nachricht, dass in jedem Ort mit einfachen Mitteln Widerstand organisiert werden kann, muss weiter verbreitet werden, um den wenigen fruchtbaren Boden, der noch existiert, optimal zur Mobilisierung zu nutzen.

Lesen gegen Überwachung war ein Erfolg - aber auch nur ein Anfang. Die Einladung an die Mitte der Gesellschaft, sich gemeinsam gegen Massenüberwachung zur Wehr zu setzen, muss als Botschaft auch in der letzten Dorfbücherei ankommen. Hierzu gibt es noch eine Menge zu tun. Und der gestrige Tag hat gezeigt, dass das kreative Potential der Widerstandsbewegung keineswegs ausgeschöpft ist.

 

 

 

Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, den 11. Februar 2015 um 11:06 Uhr