Schulhoffreundschaft |
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Geschrieben von: Administrator |
Donnerstag, den 28. Dezember 2017 um 15:56 Uhr |
Ein verstörendes Jahr 2017 neigt sich dem Ende. Und doch - es gibt trotz allem Donnergrollen genügend Gründe, ohne Furcht in die Zukunft zu schauen. Einer dieser Gründe ist die frisch besiegelte Städtepartnerschaft zwischen Ingré und Drensteinfurt, die mit gegenseitigen Besuchen in diesem Jahr ins Leben gerufen wurde. Die Gemeinde als "Schule der Demokratie" - diese Bild wurde Mitte des 19 Jahrhunderts von dem normannischen Adeligen Alexis de Tocqueville geprägt, der damals die Vereinigten Staaten von Amerika bereist hatte, um nach den Wurzeln von Demokratie und Freiheit zu fahnden. Der Franzose schrieb damals die klassischen Sätze, die heute in keiner Sonntagsrede fehlen dürfen, wenn es um die gesellschaftliche Bedeutung von Gemeinden und Städten geht: "Die Gemeindeeinrichtungen sind für die Freiheit, was die Volksschulen für die Wissenschaften sind; sie machen sie dem Volke zugänglich; sie wecken in ihm den Geschmack an ihrem freiheitlichen Gebrauch und gewöhnen es daran. Ohne Gemeindeeinrichtungen kann sich ein Volk eine freie Regierung geben, aber den Geist der Freiheit besitzt es nicht." "Les institutions communales sont à la liberté ce que les écoles primaires sont à la science; elles la mettent à la portée du peuple; elles lui en font goûter l’usage paisible et l’habituent à s’en servir. Sans institutions communales une nation peut se donner un gouvernement libre, mais elle n’a pas l’esprit de la liberté." Nirgendwo wirkt Politik unmittelbarer auf die Menschen als auf der Ebene kommunaler Räte. Und daher ist es auch von großer Bedeutung, dass sich das Netz von Partner-Kommunen immer enger knüpft - insbesondere in Europa. Denn der Blick über den Tellerrand lässt einen erkennen: Europa ist weltweit ein Vorbild für die Herausforderung, wie traditionell verfestigte Konflikte aufgebrochen werden können in der Art, dass ein langfristiger Frieden wachsen und gedeihen kann. Das gegenseitige Kennenlernen in befreundeten Gemeinden bildet dabei immer wieder ein starkes Fundament. Kurz: Es gilt, in der Schule der Demokratie mehr Schulhoffreunschaften zu pflegen. Doch Tocquevilles Beobachtungen und Analysen gingen noch tiefer hinein in die Gesellschaft. Er nahm tatsächlich die Menschen in den Blick und stellte fest: "Nur durch die gegenseitige Wirkung der Menschen aufeinander erneuern sich die Gefühle und die Ideen, weitet sich das Herz. und entfaltet sich der Geist des Menschen. Wie ich gezeigt habe, ist so eine Wirkung in den demokratischen Ländern nicht vorhanden. Sie muss künstlich geschaffen werden. Und das alleine können die Vereine tun."
"Les sentiments et les idées ne se renouvellent, le cœur ne s'agrandit, et l'esprit humain ne se développe que par l'action réciproque des hommes les uns sur les autres. J'ai fait voir que cette action est presque nulle dans les pays démocratiques. Il faut donc l'y créer artificiellement. Et c'est ce que les associations seules peuvent faire." Hier ist von nichts anderem die Rede als der "Zivilgesellschaft", jenem gesellschaftlichen Raum, in dem außerhalb von Politik und Verwaltung Bürgerinnen und Bürger beim ehrenamtlichen Engagement Werte einüben, vertreten und weitergeben. Seit der Aufklärung sind diese Werte formuliert und im zusammenwachsenden Europa zur unveräußerlichen Grundlage des Zusammenlebens gereift: Freiheit, Gerechtigkeit, Emanzipation, Nachhaltigkeit. Ganz im Sinne von Alexis de Tocqueville ließe sich so die Zukunft der Städtepartnerschaft gestalten - als Begegnungsraum für die zivilen Kommunen auf Augenhöhe derjenigen Bürgerinnen und Bürger, die diese Gesellschaft auf ihren Schultern tragen. Denn es sind diese Menschen, die zum einen in Vereinen und Gruppen versuchen, im besten konservativen Sinn das Erhaltenswerte zu bewahren wie z.B. die verschiedenen Chöre, der Heimatverein oder die Schützen-Gesellschaften. Auf der anderen Seite gestalten zahlreiche Initiativen die Zukunft mit und versuchen dabei, der Moderne das überlebensnotwendige Maß an Humanität und Nachhaltigkeit abzuringen. Hier seien insbesondere die Flüchtlingsinitiativen, der Deutsch-Ausländische Freundeskreis und die Bürgerinitiative gegen Gasbohren genannt. 2018 - 100 Jahre nach dem Ende des ersten Weltkriegs - wäre nun das Jahr, genau diesen Begegnungsraum auszugestalten und mit Leben zu füllen, um sich an die gemeinsamen Werte zu erinnern und deren Fundament zu verbreitern - auch über Länder- und Sprachgrenzen hinweg. Insbesondere muss dies von den Initiativen und Vereinen geleistet werden. Pourquoi? Parce qu'elles seules peuvent le faire. |
Zuletzt aktualisiert am Sonntag, den 04. Februar 2018 um 11:58 Uhr |